6.7.17 – Kaltschale gegen Hitze

Kaltschale gegen Hitze

06.07.2017 Hildegard Gandelheid (84 Jahre) ist sehr konzentriert bei der Sache. Obwohl ihre Finger nur eingeschränkt beweglich sind, gelingt es ihr erstaunlich gut, jede einzelne rote Johannesbeere fein säuberlich von der Rispe zu trennen und in eine große Metallschüssel zu bugsieren.

Hildegard Gandelheid bereitet die Johannesbeeren vor.

14 Teilnehmer der Kochgruppe des Pflege- und Altenheims Gerricusstift in Düsseldorf-Gerresheim sind an diesem Julivormittag zusammen gekommen, um gemeinsam eine Mahlzeit zuzubereiten. Doch statt wie üblich ein leckeres Mittagessen wie beispielsweise Spargel mit Kartoffeln oder Gemüsesuppe vorzubereiten, steht dieses Mal aufgrund der sommerlichen Temperaturen Kaltschale aus Beerenobst auf dem Programm. Für die fruchtige Nachspeise machen sich die Bewohnerinnen gleich ans Werk: Kirschen müssen entsteint, Johannesbeeren gezupft und Erdbeeren von den grünen Blättern befreit werden.

Hildegard Herrmann (l.) entsteint unterdessen die Kirschen.

 „An heißen Tagen achten wir darauf, dass unsere Bewohnerinnen und Bewohner möglichst nichts Schwerverdauliches essen und ausreichend trinken“, sagt Irene Hoppe vom Sozialen Dienst des Gerricusstifts. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Nicole Vetten leitet sie die Koch- und Backgruppe der Einrichtung, die sich jeden ersten bzw. dritten Mittwoch im Monat trifft. Eine fruchtige Kaltschale sei im Sommer ideal, weil sie dem Körper Flüssigkeit, Vitamine und Erfrischung biete“, ergänzt Irene Hoppe. 

Gisela Gasper macht das Obstputzen sichtlich Freude.

Trotz vielerlei körperlicher oder demenzieller Beeinträchtigungen gelingt es den älteren Damen recht schnell, die sechs Kilogramm Obst zu putzen. Bloß die Kirschen brauchen etwas länger, weil es nur zwei Entsteiner gibt. Doch beherzt greift so manche Bewohnerin zum Messer und schneidet die Kirsche auf, um an den Kern zu gelangen. Nebenbei sei dies ein wunderbares Training der Feinmotorik, weiß Nicole Vetten vom Sozialen Dienst. „Vor einiger Zeit haben wir Sparschäler für die Kochgruppe angeschafft. Doch unsere Bewohnerinnen schälen die Kartoffeln lieber mit dem Messer – wie früher“, fügt sie hinzu. Überhaupt kämen die Bewohnerinnen beim gemeinsamen Kochen und Backen leichter miteinander ins Gespräch. „Da erzählen sie gerne über ihr Leben und ihre Gewohnheiten“. An diesem Vormittag geht es plötzlich um Reibekuchen, die die Kochgruppe auch gerne mal zubereitet. Zwei Bewohnerinnen, die aus Schlesien stammen, erklären ihren rheinischen Mitbewohnerinnen, dass die Kartoffelpuffer in ihrer Heimat nicht „Rievkooche“, sondern „Flinsen“ genannt werden.

Auch Maria-Katharina Busch ist voll konzentriert bei der Sache.

Unterdessen kocht Nicole Vetten in einem riesigen Topf Wasser mit Zucker, Vanillestangen, einer Prise Salz und Perlsago auf. Erst nachdem sich die weißen Stärkekügelchen aufgelöst haben, fügt die Mitarbeiterin des Gerricusstifts das Beerenobst hinzu und lässt das Ganze noch einige Zeit weiterköcheln. „Unsere Bewohnerinnen kennen Perlsago aus Nachkriegszeiten und vergleichen das Aussehen im gequollenen Zustand gerne mit Froschlaich“, erzählt Nicole Vetten lächelnd.

Nicole Vetten fügt das Beerenobst dem Sud aus Perlsago hinzu. (Alle Fotos: Angelika Fröhling)

Während normalerweise die Mitglieder der Kochgruppe nach dem „Schnibbeln“ dazu übergehen, weiße Tischdecken aufzulegen und mit Blumenvasen zu dekorieren („das Mittagessen wird dann richtig zelebriert“, so Irene Hoppe), haben sie sich heute etwas länger zu gedulden. Die Fruchtsuppe muss noch auskühlen und wird erst zum Abendbrot serviert. Aus Erfahrung weiß Irene Hoppe, dass die Bewohnerinnen gerne noch einen Nachschlag nehmen, wenn sie die Mahlzeit selbst zubereitet haben: „Selbstgekochtes schmeckt einfach besser.“ Und: „Ich bin gespannt, wie es heute Abend mit der Kaltschale ist.“